Mittwoch, 17. Februar 2010

Expedition Quilotoa

Wir befinden uns im Jahre 1280. Es ist ein sonniger Tag. Der mächtige Vulkanberg – der seinen Namen Quilotoa erst viel später erhalten soll – liegt ruhig in der strahlenden Sonne. Doch der eisige Wind, der um die schneebedeckten Flanken der Berges streift kündigt eine Katastrophe an. Noch ist es nicht viel mehr als eine Ahnung. Einige Lllamas und wollige Alpacas schauen verstört auf. Trotz des einfältigen Ausdrucks in ihren Gesichtern scheinen sie etwas zu wittern. Noch bevor das erste Grummeln das Bergmassiv erschüttert und schwarze Rauchwolken über dem Berg das Unglück ins Rollen bringen, stolpern die Llamas ungeschickt und aufgeregt los. Sie trampeln über wilden Mais und versuchen dem bösen Schreien des Berges zu entkommen. Wenige Augenblicke scheinen alle Fluchtversuche zwecklos. Der gesamte Berg scheint zu zerbersten. Unheinliche Schlamm- und Schuttlawinen, die riesige Felsbrocken mit sich schleifen, rollen ins Tal hinab. Stein scheint flüssig zu werden und der ganze Berg hat sich auf eine mörderische Höllenfahrt begeben. Jahrhunderte später soll man von einem Ausbruch der Stufe 6 auf der Skala des Vulkanexplosivitätsindexes sprechen. Riesige Felsbrocken und Schuttlawinen verändern das gesamte Landschaftsbild nachhaltig und die pyroklastischen Ströme sollen durch das Land bis zum Pazifik hervordringen und dabei Tod und Zerstörung mit sich tragen.
Das Ergebnis dieser Katastrophe vor etwa 800 Jahren ist noch immer etwas mehr als 4 Stunden von Riobamba entfernt zu sehen. Der Quilotoa, ein mit Wasser gefüllter 250 Meter tiefer und etwa 3 Kilometer breiter Vulkankrater.
Die kleinen Hobby-Humboldt-Entdecker aus Riobamba machten sich also auf um den Vulkankrater der modernen Welt zu präsentieren. Die Reiseplanungen mussten allerdings durch starke Verdauungsprobleme nach einem abenteuerlichen nächtlichen Mahl zweier Abenteurer zunächst um eine Woche verschoben werden. Wärend also Kraft getankt wurde für die kommenden Strapazen wurde auch unser Abenteurerherz immer fiebriger.
An einem Februarfreitag des Jahres 2010 nach Christus ging die Expedition los. Nach abenteurlichem und aufregendem Schlaf auf der 2 stündigen Busfahrt nach Latacunga wurde in einem halsbrecherischem Kamikazemanöver ein Bus nach Zumbahua, der letzten Bastion der Zivilisation, angehalten. Dort setzte bei den unheimlichen Klängen der Karnvalsmusik auch schon die Dämmerung begleitet von einem leichten Niesel-Graupel-Regen ein.
In Zumbahua also fanden wir dann einen lebensmüden und riskanten Führer der sich bereit erklärte und aus seiner Camioneta in die unbekannten Gefielde mitzunehmen.
Also nahmen wir Platz auf der Ladefläche seines Lasters und die Fahrt begann durch schlammige Flüsse und nassen Schlamm. Der Fahrtwind riss immer heftiger mit seinen eisigen Krallen an unseren schlotternden Gliedmassen. Wie zur Beruhigung kauten wir auf einigen Banananen, die uns auf der Ladefl¨che Gesellschaft leisteten.
Schliesslich erreichten wir in der einsamen Wüsterei des Nichts einen letzten Handelsposten. Der lachende Indígena lächelte uns geheimnisvoll zu und hiess uns, nach der Verrichtung eines touristischen Obuluses von 2 US-Dollar pro Kopf, herzlich Willkommen in der Reservat vom Quilotoa.
Dann ging die Fahrt noch einige schlammige Meter hinauf und unser Führer entliess und in dem gespenstischem nassen Nebel. Wir stapften schlotternd einige Meter den matschigen Weg hinauf. Noch immer nieselte es etwas und die eisigen Tropfen hingen todeskalt auf unseren Wangen. Rasch bezogen wir eine Zimmer in dem zu unserer Verblüffung völlig modernen Hostal in der Einöde.
Ein gemütliches Zimmer verkleidet mit hellen Dielen und beheizt von einem Ofenrohr, das durch einen Ofen im Erdgeschoss warm gehalten wurde. Also Fussbodenheizung mit Inbegriffen.
Trotz Nebel und Regen erklommen wir den Aussichtspunkt keine 2 Meter hinter unseren Schlafgemächern. Von dem Ausflug ernüchtert und in unserem Abenteurergeist etwas gebrochen zogen wir uns in den Aufenthaltsraum bei einer heissen Schokolade an den Kamin zurück. Wir wärmten unsere von der beschwerlichen Reise geschundenen Glieder am Feuer, liessen den heissen, süssen Saft der fremden Kakakonuss unsere Kehlen hinunterspülen und lauschten den fremden Stimmen der Eingeborenen. Doch halt. Wir konnten sie verstehen. Auch wenn sie in einem merkwürdig breiten Singsang redeten, so sprachen sie doch eine dem Deutschen verwandte Zungenform. Nach einigen sprachlichen Annäherungsversuchen wurde schnell klar, das auch sie Abenteurer waren, wenn aber nicht aus dem Bier- und Wurststaat Deutschland, so aber doch aus dem Berg- und Almdudlerstaat Österreich. Genauergesagt aus Wien. So sassen noch lange bis in die Nacht zusammen, tranken Bier und tauschten Reiseerfahrungen und Ähnliches aus.
Den nächsten Morgen wollten wir früh aufstehen und Sonnenaufgang gucken gehen. Doch das Bier, die gemütlichen Betten oder eine Mischung davon erlaubten uns nicht den frühen Antritt an diesem Morgen. Schliesslich doch aus den Wolldekcen geschält und mit reichlich Frühstück bestückt wollten wir bei angenehm warmen Temperaturen und fröhlichem Sonnenschein heute die Umrundung des im Durchmesser 3 km breiten Krater wagen.
Fröhlichem Mutes bewaffnet mit guter Laune, Keksen und Wasser stiegen wir also nocheinmal diesmal allerdings von den Alpenaussis begleitet den Aussichtspunkt empor.
Uns bot sich ein unvergleichliches Panorama. Still und doch mächtig lag der durch Mineralien grün gefärbte Kratersee unter uns. Nun konnte ich es verstehen das die Ureinwohner der Region diesen See anzubeten pflegten. Sie hielten ihn für unendlich tief und Tor in die Welt der Ahnen. Die Unendlichkeit beträgt etwa genau 250 Meter wissen wir heute und können so schon einmal vor Staunen unseren Mund weit aufreissen und einen Keks hineinstecken.
Gleich vorwegnehmen möchte ich das die Umrundung des Krater mich und den Aussi-Thomas 5 Stunden kostete. Die Mitteltruppe um Yoki, Simon, Lena und Philipa etwa 5 ½ Stunden und die wagemutigen Nachzügler etwa 6 Stunden kosteten. Wärend dieser Zeit hatten wir immer den Quilotoa im Blick, denn das spannende an der Wanderstrecke ist, das du stets auf dem Grad läufst, als auf dem Kamm der Gebirgskette. Dadurch drohst dum zu einen jedezeit hinunterzupurzeln, zum anderen musst du immense Steilen auf dich nehmen und letztens siehst du wie bereits erwähnt zu jeder Zeit den Kratersee. Hierbei möchte ich betonen, das dieser Krater egal von welcher Seite betrachtet, jederzeit atemberaubend mächtig scheint und man jeglichen Sinn für Entfernung verliert. Auf keinem Bild kann man diese Natugewalt sichtbar machen. Deutlich wird das alles erst wenn du auf der höchsten Stelle auf knapp 4.000 Höhenmetern stehst, der Wind um deinen Körper schmeichelt und vor dir nichts ist als diese giftgrüne Lagune liegt, die dich arrogant anstarrt und dir sagen will, was bist du nicht für ein kleiner Wicht. Verschämt wendest du dich von der Schönheit ab und dir bleibt erneut der Atem stehen. Zur anderen Seite hin öffnet sich dir ein unglaubliches Panorama der Anden Ecuadors. Du stehst mitten in den Bergen, bist Teil von ihnen und doch nur ein kleines kurz geduldetes Glied, ein störender Tourist. Kilometerweit erstreckt sich das Panorama in den Horizont hinein und bricht sich erst in den leichten Wogen der wattigen Wolken.
Ungefähr ab der Hälfte der Wanderung beginnt sich das Wetter zu verändern. Kleine kalte Wolken ziehen über das Bermassiv und uns mitten in ihnen streifen sie mit ihren kalten feuchten Fingern. Immer weiter zieht es sich zu. Der Weg ist steil steinig und rutschig. Die Sicht nicht der Rede wert und der Schritt nun immer unsicher.
Thomas und ich haben die anderen aus den Augen verloren, vielleicht sind sie direkt hinter uns. Vielleicht auch nicht.
Die Landschaft ändert sich. Durch kleine Kiefernwäldchen gelangen wir zu feinen Sanddünen, die mich an Nida erinnern. Ach Nida, denke ich und kullere auch schon verursacht durch einen unsicheren Schritt fröhlich denn weichen Abhang hinab.
Langsam werden Thomas und ich ungeduldig. Kekse sind alle. Der Magen ist leer, die trockenen Kehlen rufen nach einem Belohnungsbier und die geschundenen Glieder nach einem warmen Plätzchen vor dem Kamin.
Endlich kündigen zwei bettelnde Mädchen das nahende Dorf an. Davon haben wir schon gehört, dass Kinder die Wanderer um Essen anbetteln. Wir können ihnen nichts als einen traurigen Blick schenken und setzen den Weg weiter fort.
Im Kopf noch immer bei den bettelnden Kindern, will mir der Kakao vor dem Kamin nicht wirklich schmecken. Auch die Worte des Hostalbesitzers, das sei Freizeitgestaltung und Wettbewerb zwischen den Kindern lenken mich nicht wirklich ab.
Ich zwinge meine Gedanken zur Schönheit der Natur zu lenken. Es will nicht ganz gelingen.
So brechen wir als die anderen Gruppen auch eintreffen nach einer kurzen Vershcnaufpause auch wieder auf. Zurück nach Riobamba. Zurück zur Arbeit.
Auf dem Weg zwischen Zumbahua und Latacunga fällt Schnee, wir fahren durch eine leicht eingepuderter Landschaft. Wärenddessen erinnern uns mit Wasser und Farbe spritzende Ecuadorianer im Bus daran, dass diese Woche die Karnevalszeit beginnt.
Dazu im nächsten Blog mehr.
Bis dahin schöne Grüsse aus dem Ecuador, wo am selben Tag Schnee fällt und die Hitze und die Sonne die Ernten zerstört.

Quilotoa

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