Mittwoch, 17. Februar 2010

¡Qué bonito es carnaval! ¡Chicha quiero! ¡Guambras quiero!

Kölle Allaf und das Gefrotzel der Politiker am Aschermittwoch beherrschen das allgemeine Bild der deutschen Fastnacht. Neben lustigem bis lächerlichem Verkleiden, nackter Haut trotz miesen Temperaturen und dem Bonbonwerfen von geschmückten Wagen steht vor allem der exzessive Alkoholkonsum im Vordergrund der Karnevalstage. Letzterer ist auch elementarer Bestandteil der ecuadorianischen Fastnacht. Ansonsten aber aber lassen sich nur schwer Paralellen ziehen.
Also mit einem fröhlich gerülpsten Hellau möchte ich euch hiermit die ecuadorianische Karnevalszeit näher bringen, welche mich bis gestern noch ordentlich in Schach gehalten hat.
Der Karneval beginnt in allen Dörfern unterschiedlich. Doch schon einen Monat vorher bereitet man sich darauf vor. Gebäude werden geschmückt. In den Bussen läuft nur noch die traditionelle Karnevalsmusik.Kleine Kinder bewaffnen sich mit Spritzpistolen, Wasserbomben und Sprühschaum. Grosse Kinder mit Alkohol und alter Kleidung. Denn der Höhepunkt der traditionellen Fastnacht in der ecuadorianischen Sierra befindet sich in riesigen Wasser-, Farb- und Schlammschlachten, die in der ganzen Stadt stattfinden.
Schon eine Woche vor dem offiziellen Karnevalsbeginn ist es Gefärlich sich offen auf den Strassen zu zeigen. Hinter jedem Häusereingang, so scheint es steckt ein Lümmel mit Farbbomben. Auf jedem Dach steht jemand bis an die Zähne bewaffnet mit Wasserbomben und Waschzubern. In den Strassen patrolieren Wasserjäger, die auf den Ladeflächen der elterlichen Pickups lauern. Es ist ein Spiessrutenlaufen.
Am Freitag aber dann vor dem Wochenende der Festlichkeiten gingen die Grabenkämpfe un offenen Strassenschlachten los. Nicht nur Kinde rund Jugendnliche sondern auch erfahrene Wasserkämpfer mischten auf dem Schalchtfeld mit. Aus gegebendem Grund durfte ich der Arbeit fernbleiben und so stürzten wir uns hinein in den Wasserkrieg. Eine Stadt spielt völlig verrückt. Auf den Häusern stehen Bombardements von Wasserbombenflags. Die Mehlinfanterie patroliert in den Strassen, flankiert von Schaumwerfern und den gemeinen Farbkleksern. Ein Kampf jeder gegen jeden. Eine Zeit der alten abgetragenen Sachen und eine Hymne an den Schmutz und Dreck.
Nachmittags treffe ich mich mit den Kollgegen meiner Arbeit. Wir essen ein fritiertes Llama. Wir schwimmen in Chicha (traditionelles Bier – hier auf Quinuabasis). Wir lachen und feiern.
Dann gehen wir in eine Karaokebar. Heute keine Karaoke. Heute Schaumschlacht in der Bar. Wir feiern, tanzen, schaumen und lachen.
Dann schnell umziehen zu Hause, nur um am Abend wieder mit Schaum vollgesprüht zu werden. Ein Beisammensein in der WG der Deutschen. Dann in die Disko. Es ist brechend voll. Alle sind gut drauf.
Am nächsten Morgen dann nach Guaranda! Oh ja Guaranda. Guaranda und Karneval sind nicht voneinander zu trennen. Wann immer der eine Begriff fällt ist auch der andere nicht weit. Die inoffizielle Hauptstadt des Carnaval in Ecuador.
2 Stunden südlich von Riobamba. Wir steigen aus dem Bus – und sind schon Nass. Schnell bewaffnen auch wir uns mit Wasserbomben und Schaumsprühern (span. carioka).
Und was uns erwartet ist eine locura! Die Strassen der kleinen Stadt sind voll von Leuten. Sie tanzen und trinken und essen. Aber vor allem machen sie sich nass. Überall rennen Leute herum und beschmeissen dich mit Farbe, Mehl und Wasser. Wir halten tapfer mit. Die Einwohner freuen sich über die feierlustigen Gringos und bedanken sich mit noch mehr Farbe und Schaum. Man muss immer auf der Hut sein. Und bleibt trotzdem jederziet in Gefahr.
Gottseidank scheint die Sonne. Denn das Wasser ist kalt. Mein weisses Rippchenhemd schillert in allen Farben. Es erinnert mich an eine Schwulenparty der Neunziger. Die Ecuadorianer freuen sich. Wir auch. Wir alle freuen uns!
Irgendwann reicht es. Wir wollen uns in einem schönen kleinen sonnigen Park trocknen. Neben uns in den Strassen wütet der Kampf und wir hören das monotone Platschen der einschlagenden Wasserbomben. Immer wieder verirrt sich eine zu uns. Natürlich!
Gleich die Strasse hinunter ist eine grosse Bühne aufgebaut. Salsaklánge und dann Buena Vista Social Club Adaptionen bringen das nasse Publikum zum Ausrasten. Bier wird in grossen Plasikbechern getrunken. Die Modernisierung macht auch nicht vor dem Traditionellen Carnaval Guarandas halt. Doch die Stimmung gefällt uns.
Irgendwann müssen wir aber dann aufbrechen. Der letzte Bus fährt ach Robamba. Ausserdem wird uns kalt. Abends treffen wir uns bei der WG und besprechen den nächsten Tag.
Auf nach Ambato heisst es.
Ambato ist für seine nicht ganz so rüpelhafte Karneval bekannt. Die nochvergleichsweise junge Ambatena-Carnaval soll, so sagte man uns nicht die alten Indígena-Traditionen wie Eier, Mehl, Gemüse, Schaum und Dreck werfen enthalten. Sondern stattdessen vor allem aus wunderschönen Desfiles (Umzüge) bestehen.
Eine große Lüge! In Ambato wurden wir ebenso nass wie in Guaranda. Nur ließen wir uns diemal nicht drauf ein. Und die desfiles waren bereits vorbei als wir Ambato erreichten. So hatten wir die schöneren Umzüge wohl in Guaranda und Riobamba gesehen. Toll sollen sie trotzdem sein.
Und wieder war auch diese Stadt total verrückt. Überall Konzerte auf den Plätzen und Schlachten auf den Straßen. Wir zogen lustig Biertrinkend durch die Straßen, konnten in dem ranzigsten Hotel Ecuadors noch ein Bett bekommen und trafen uns schließlich mit vielen anderen Freiwilligen. Zusammen gingen wir zu einem Konzert wo Freunde von uns auftraten und feierten dann noch die ganze Nacht in der Stadt. Denn müde wurden die Leute hier wirklich nicht. Die Straßen waren voller Tanz und Alkohol und so fielen wir erst in den Morgenstunden müde in das fusselige Hotelbett. Eher gesagt Yoki und ich fielen in das Bett. Simon und Denis mussten, in Ermangelung an Zimmern/Betten auf dem Boden platznehmen.
Als ich am Morgen erwachte war ich allein. Allein mit meinen Kopfschmerzen. Si hämmerten und pummerten. Aber sonst war da nichts. Die Schlafstädten auf dem Boden waren verlassen und auch Yoki war verschwunden. Ich vertraute dem Hotel nicht und malte mir schon die schlimmsten Sznenarien aus und suchte rasend schnell nach meinen Wertsachen. Mein Handy fehlte und meine Sachen waren zerwühlt! Angstschweiss lief mir den Rücken hinab wärend ich nervös die Flecken an der Wand zu zählen begann. Dann ging die Tür auf. In mutiger Angriffstellung versteckte ich mich riskant hinter dem Bett. Es war nur Yoki. Er hatte etwas zu trinken und essen geholt. Rettung! Die anderen waren wohl am frühen Morgen zurück nach Riobamba gefahren und Simon hatte in seinem vollnüchternen Zustand erst meine Hose anprobiert, dann festegestellt das sie nicht passte. Sie ausgezogen und sorgsam mein Handy in seine Hosentasche gesteckt.
Also alles gut!
Dann konnte karneval ja weitergehen. Nun aber folgten ruhigere Tage. Wir schauten Filme in der WG. Machten einen Ausflug unterhalb des Tungurahua mit Baden im eiskalten Andenflusswasser. Und kochten zusammen Hühnchengeschnetzeltes!
Jaja das waren wirklich die schönsten karnvalstage die ich je verleben durfte. Und eins weiß ich schon seit langem Ecuadorianer können wirklich ausgezeichnet Feiern!

Carnaval

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen