Samstag, 29. Mai 2010

Fitzcarraldo

Nach Zeiten der Internetabstinenz war es ruhig geworden um unseren kleinen blonden Helden aus Riobamba. Verschollen in weiten Regenwald war er und kehrte erst am heutigen Tag nach einem Monat wieder zurück zur Sultanin der Anden - nach Riobamba.
Nach Zeiten im Wilden Wald nun wieder in dem weichen Schoß der mütterlichen Anden.

Im Folgenden einige Aufziechnungen unseres Helden:

Dienstag, 4. Mai

Ich sehe die Dächer von Quito. Um mich herum regnet es. Die Hosentaschen und warme Gedanken sollen mich vor der Kälte bewahren. Doch so ganz klappt es nicht.
Ein grauer Morgen in Quito. Graue Häuser. Grauer Himmel. Alles grau.
Ich schiebe meine Hände tiefer in die Hosentaschen und verlasse die Dachterrasse des Hostals.
Meinen Rucksack geschultert bezahle ich die Nacht und verabschiede mich von der Senora. Sie wünscht mir eine frohe Reise und viel Glück.
Auch wenn ich mich auf der Straße nicht mehr umdrehe habe ich das Gefühl sie sieht mir hinterher oder winkt sogar noch einmal. Eine sehr freundliche Frau.
Es sind nur zwei Blocks die ich laufen muss und doch schlägt mir das Herz schnell und ich schaue mich aufmerksam um. Es ist immerhin Quito. Und ich befinde mich in der Marsical, bekannt für Überfälle und Diebstähle. Hier ist es schwierig den feinen Grad zwischen gesunder Aufmerksamkeit und argwöhnischem Wahn zu finden.
Ich komme wohlauf in dem Haus von Surtrek/Vitalideas an. Ich kenne das Büro schon vom Vortag und so steige ich gleich in den Fahrstuhl und fahre in den 4. Stock hoch.
Nach einem Klingeln an der Tür öffnet mir eine Frau. Auch wenn ich mich nicht an ihren Namen erinnern kann, erinnere ich mich sie schon am Vortag getroffen zu haben. Sie lächelt mich an und bietet mir an mich auf das Sofa zu setzen.
Dann kommt auch schon Alfonso, der Chef von Surtrek. In einer halben Stunde fahren wir los, erklärt er mir kurz. Ich setze mich wieder auf das Sofa und packe noch einmal meine Sachen um.
Einen Moment später kommt auch Flor. Sie macht ihrem Namen mal wieder alle Ehre. Mit dem breitesten und freundlichsten Lächeln begrüßt sie mich. Ich folge ihr in ihr Büro und wir klären noch Einzelheiten.
Dann kommt auch schon Alfonso wieder, ich verabschiede mich von Flor und sie verspricht mir mich am Montag zu besuchen.
Meinen Rucksack geschultert eile ich Alfonso hinterher durch den Regen von Quito. Er hat einen großen teuer aussehenden Geländewagen.
Auf dem Beifahrersitz beginne ich etwas Samalltalk. Er wirkt etwas angespannt oder gestresst, aber freundlich.
Dann holen wir noch einen Kunden ab, wie er sagt. Noch ein Deutscher. Und Alfonso spricht auf einmal auch Deutsch. Der Deutsche ist der Chef des Partnerreisebüros aus Deutschland.
Zusammen mit Alfonso bietet er für die Deutschen die Ecuadortouren an.
Dann beginnt unsere Fahrt zu dritt. Es ist komisch. Plötzlich scheint hier jeder in Ecuador deutsch sprechen zu können. Ich bin etwas verdutzt.
Wir machen eine kleine Pause in Papallacta. Die Vorzeigethermalquellen von Ecuador. Auch hier regnet es. Aber das verleiht dem riesigen Luxuskomplex mit Sauna, Massage und Wellnessbereich etwas gemütliches. Dieser Luxus, der sich mir hier zeigt passt auch nicht in das Bild, das sich mir in den letzten Neun Monaten von Ecuador gezeigt hat. Während wir dann im Auto weiter auf Deutsch plaudern, werfe ich einen prüfenden Blick aus dem Fenster. Auf einmal fühle ich mich nicht mehr als wäre ich noch in Ecuador. Zumindest ist das nicht mein Ecuador.
Trotz alledem ist die Landschaft noch immer wunderschön. Wenigstens das passt zu meinem Bild. Langsam fahren wir von 4000 auf 400 Meter hinab. Es wird wärmer. Grüner. Üppiger. Und das ganz rasant.
In Tena machen wir eine Pause. Wir gehen eine Kleinigkeit essen. Das Essen schmeckt europäisch und dauert viel zu lange. Untypisch. Ich merke noch deutlicher wie viele Bilder ich inzwischen von diesem Land habe und muss meine Haltung langsam kritisch beurteilen. Vielleicht habe ich mir auch nach 9 Monaten noch viel zu rasch Bilder von Ecuador gemacht.
Von Tena ist es nur noch eine Stunde. Dann hören die asphaltierten Straßen auf und der Regenwald beginnt.
Neben einem kleinen Holzhaus hält Alfonso den Wagen und wir steigen aus. Auf einem kleinen Pfad durch Bananenstauden, Palmen und unglaublich vielen unterschiedlichen Pflanzen gelangen wir zu der Lodge. Zu “der” Lodge. Es ist ein Paradies. Eine große zweistöckige Holzhütte mitten im Regenwald. Hier befinden sich Küche und Essensraum. Sowie 2 Bäder und die zwei Schlafzimmer für die Angestellten. Also in diesem Fall für Raúl, den Administrator der Lodge und für meine Wenigkeit. Es sind große Zimmer mit zwei Betten und privater Terrasse.
Und die Terrasse ist das beste. Hier oben liegst du in deiner Hängematte und schaust in das Treiben des Regenwaldes. Kolibris schwirren um das Geländer. Ein Tukan schwebt vorbei und von einem nicht weit entfernten Ast krächzen einige Papageien. Dazu das unglaublich laute Zirpen der Grillen.
Um das Hauptgebäude liegen strategisch verteilt die Cabanas, welche auch jeden Luxus bieten. Rodolfo und der Deutsche lassen sich in je einer von den Cabanas nieder.
Nach einem kleinen Spaziergang wird es auch schon dunkel und das Essen wartet bereits auf unserem Tisch. Eine leckere Suppe und danach ein riesiger Teller mit Maniok, Hühnchen an einer Pilzsoße und Reis. Es schmeckt super aber ich kann schon nicht mehr.
Wir wurden doch gerade erst mit frischem Obst, Fruchtsäften und Keksen begrüßt.
Der Nachtisch aus einer Schokoladentorte macht es mir dann wirklich schwer. Ich fühle mich wie im Traum und gehe so auch rasch zu Bett. Ich bin unglaublich müde...

Mittwoch, 5. Mai

Ich werde noch vor meinem Wecker von den Grillen und der Sonne, welche durch das offene Fenster hineinscheint, geweckt.
Ein Blick genügt und ich weiß wo ich bin. Im Himmel. Im grünen Himmel.
Ich dusche und gehe dann hinunter zum Frühstück, wo mich bereits Alfonso und der Deutsche erwarten.
Und was für ein Frühstück. 8 verschiedene frische Früchte. Leckere Säfte. Croissants. Müsli. Yoghurt, Wurst und Käse. Das ganze gekrönt von frischem, leckeren, starkem Kaffee.
Ich fühle mich wie im Urlaub. Luxusurlaub wohl bemerkt.
Mit vollem Magen streife ich mir die Gummistiefel über die Füße und stapfe begeleitet von Raúl den Weg zur Comunidad hinab.
Beim Gewächshaus sind schon etwa 8 Leute beschäftigt, als wir kommen. Hier bauen sie allerlei an. Tomaten, Zucchini, Paprika, Salat. Der Traum eines jeden Hobbygärtners. Raúl stellt mich den Leuten vor. Ich werde freundlich begrüßt und willkommen geheißen.
Nachdem Raúl wieder fort ist, beginnt die Arbeit.
Vor dem Gewächshaus soll ein kleineres Beet angepflanzt werden. Die Erde unter den umstehenden Bäumen soll sich besonders gut dafür eignen.
Für mich ist es ein großes Glück, das die Erde schön weich durch den vielen Regen hier ist. So fällt das Graben nicht schwer.
Einfache Arbeit. In der Theorie. Erde lockern. Auf den Schubkarren heben. Zum neuen Beet transportieren. Abladen. Das ganze von vorn. In der Praxis aber sieht das Ganze völlig anders aus. Die Sonne und die schwüle Hitze bringen mich schnell ins Schwitzen. Das tut dei Ablenkung gut, die ich in den Gesprächen mit den anderen finde. Sie sind unglaublich aufgeschlossen und scheinen sich wirklich zu freuen, das ich hier bin.
So vergeht der Vormittag unglaublich schnell. Wir errichten noch ein Regendach über dem Beet. Dann ist schon Mittagspause und ich kehre zur Lodge zurück. Ingo und Alfonso sind noch immer unterwegs.
Die Müdigkeit steigt nun unbehaglich in meine Knochen. Ich fühle mich matt und erschöpft. Auf meiner Stirn steht der Schweiß und mir ist unglaublich heiß. Mein Kopf glüht förmlich und an allen Gliedern jucken die Stiche der Moskitos.
Eine kalte Dusche sollte mir guttun, denke ich während ich mich aufs Bett fallen lasse. Doch im nächsten Moment schon bin ich eingeschlafen.
Nach unruhigen Dämmerminuten erwache ich wieder mit einem Ruck. Ich muss los. Und noch etwas essen. Mein Kopf fühlt sich dumpf und schwer an. Ich fühle mich krank.
Mit schweren Gliedern stapfe ich die Treppen hinunter, wo mir Raul bereits etwas zu essen vorbereitet hat. Ich schlinge alles eilig in mich hinein und stülpe dann die Gummistiefel über meine Blasen.
Als ich in der Comunidad ankomme scheinen die anderen schon auf mich gewartet zu haben. Wir gehen sofort los. Holz holen um ein kleines Büro- und Lagerhäuschen zu bauen.
Wir gehen weit. Und immer weiter. Immer den kleinen Steinpfad entlang.
Ich atme schwer. Das T-Shirt klebt an meinem Körper. Das Zirpen der Grillen und das Schreien der unterschiedlichsten Vögel klingt hart in meinen verbrannten Ohren.
Endlich verlassen wir den Pfad. Mit Macheten schlagen wir uns in den Regenwald.
Ich bleibe mit einigen auf einer kleinen Lichtung zurück während drei anderen mit Macheten und Kettensäge vorgehen um den passenden Baum zu finden.
Um mir nur Grashalme. Mein Kopf nun weich gebetet. Auch mein Atmen wird ruhiger. Mich stechen unzählige Mücken. Doch das ist mir egals. Ich bin froh liegen zu können.
Wir unterhalten uns. John ist Spanier erfahre ich. Ungläubig blicke ich den kleinen Jungen an, der mich angrinst. Er sei in Spanien geboren. Deshalb sei er Spanier und kein Ecuadorianer.
Langsam dringt das Dröhnen der Motorsäge an mein Ohr. Zumindest realisiere ich es erst jetzt. Vielleicht sägen sie schon länger. Es ist merwürdig mitten im Regenwald zu liegen und dem Dröhnen einer Motorsäge zu lauschen.
Dann Krachen, Knacken und Stürzen. Der Baum fällt. Glaube ich. Sehen kann ich ihn nicht. Vor lauter Bäumen.
Jetzt beginnt der schwierigste Teil. Wir schlagen uns mit den Macheten einen Weg zu dem gefällten Baum durch. Mir fällt es schwer Halt zu finden. Der Boden ist glitschig und schlammig und überall sind Wurzeln und Lianen, die einem den Weg versperren.
Mir schwant übles. Was ich gerade mehr rutschend und fallend ereldigt habe, müssen wir mit den schweren Stämmen und bergauf nocheinmal erledigen.
Und dann sehe ich ihn. Den gefällten Riesen. Schwer zu schätzen wie alt der Baum ist. Für mich jedenfalls. Er ist bemoost und Schlingpflanzen ungeben ihm wie zum Schutz. Hat ihm auch nichts gebracht. Nun liegt er da. Einfach so. Mitten im Regenwald. In 3 Meter lange Stücke zurechtgestutzt. Mir tut es leid das er gefällt wurde. Nicht nur weil es ein schöner Baum war, sondern viel mehr weil es ein schwerer Baum war. Die Arbeit ist noch anstrengender als erwartet.
Die dicken, langen Stammstücke müssen geschultert und den steilen schlammigen Pfad hinauf gebracht werden. Ziehend. Schwitzend. Schnaufend. Schreiend. Verzweifelnd.
Immerhin vergesse ich, wie krank ich mich vorhin noch gefühlt hatte.
Unter dem Gewicht der Baumstammes fällt das Amten unglaublich schwer. Schritt für Schritt kämpfst du dich mit den anderen den Berg hinauf. Jeder Schritt könnte ein falscher sein. Mit Vorsicht wählst du deine Schritte. Aber denken kannst du nicht unter dieser Last.
Doch zu spürst die Verantwortung die du trägst. Fällst du, so fällt die Gruppe. So war die gesamte Anstrengung der Gruppe umsonst. So weckst du ungeahnte Kräfte in dir, welche ebenfalls durch die Angst vom Baum erschlagen zu werden beflügelt werden.
Irgendwie schaffen wir es also die vier Baumstückriesen hinaufzuhiefen.
Und dann sitzen wir dort. Wir alle. Im Schatten anderer, mächtigerer Bäume. Wir unterbrechen die Stimmen des Waldes noch immer mit unserem Schnaufen. Doch ich fühle mich gut. Beinahe glücklich.
Und wir lassen die Stämme frei auf der anderen Seite ins Tal hinabrollen. Wie einfach und schnell sie den Berg hinunterrollen. Walzen über alles hinweg. Und doch scheinen sie den Pflanzen keinen Schaden zuzufügen.
Ich stehe staunend auf dem Hügel und blicke den Baumstämmen hinterher. Wie frei und unbeschwert sie hinunterrasseln.
Dort lassen wir sie ersteinmal liegen. Genug für heute.
Der Rückweg geht schnell und schon sehe ich mich wieder zurück in der Lodge.
Ich fühle mich richtig gut. Totmüde aber gut.
Raul und Rodolfo grillen heute abend für uns. Es gibt eine riesige Parillada. Das Bier schmeckt so gut wie nie. Es ist frisch. Herb. Unglaublich gut. Dazu gebratenes Schweine-, Puten, und Rindfleisch. Salate. Fruchtsäfte. Obst.
Als ich ins Bett falle kann ich nicht mehr denken. Nur fühlen. Und es fühlt sich gut an. Sehr gut.

Donnerstag, 6. Mai

Aufstehen. Duschen. Anziehen. Aber erst mit dem guten Kaffee, den leckeren Säften und dem morgendlicehn Gruch des Regenwaldes wache ich wirklich auf. Ein Wunder jeden morgen.
Durch mein Träumen am Frühstückstisch verspäte ich mich etwas. Als ich in der Comunidad ankomme, da sind die beiden ersten Baumstämme bereits zum Grundstück von Don Paco getragen. Die anderen beiden holen wir rasch mit einem Pferd ab. Mitten auf dem Rückweg reisst der Gaul jedoch mit den beiden schweren Stämmen auf dem Rücken aus und schlägt sich einen Weg durch das Unterholz. Weit kommt er nicht. Etwas griesgrämig steht der dann verkeilt zwischen zwei Bäumen im Grünen und beobachtet uns missmutig.
Nachdem wir ihn befreien trotted er gemächlich als wäre nichts geschehen zurück zu Don Pacos Finca.
Wir begegnen Ingo und Rodolfo, die sich von mir verabschieden und mir viel Glück wünschen. Ich habe nun die Lodge für mich alleine. Sturmfrei!
Bewaffnet mit scharfen Macheten schlagen wir nun auf dem Grundstück von Don Paco einen Platz frei für den Bau des Bürohäuschens.
Ich dresche mit böser Mine auf alles ein was in meiner Reichweite ist. Auf alles. Mit der Machete in der Hand fühle ich mich gefährlich und schrecklich verwegen.
Ob Crocodile Dundee auch mit solchen milden Lächeln bedacht wurde wie ich?
Erst Blasen an den Händen können mich stoppen. Dann blicken wir uns alle um. Wir haben gute Arbeit getan. Dann die Hiobsbotschaft. Es fehlt Holz. Also wieder los. Den Rest des Vormittages wird also wieder Holz gehackt und geschleppt und gesägt und es wird geschwitzt und gestöhnt und geflucht.
Dann esse ich bei Don Nicolas zu Mittag. Seine Frau hat sehr leckeres Essen gemacht. Seco de Pollo. Ecuadors Lieblingsessen.
Am Nachmittag wird weitergewerkelt am Haus. Und so können wir am Abend immerhin schon den Grundriss der Hütte und vier Stützbalken bewundern. Mein Spiegel kann weitere Stiche und einen kräftigen Sonnenbrand am Nacken bewundern.
Ich esse zusammen mit Raul, Rodolfo und Roberto in der Küche zu abend. Ein letztes mal verköstigt mich Raul, bevor ich alleine kochen muss, da Raul die nächste Woche in Quito verbringen wird und Touristen auf die höchsten Gipfel Ecuadors scheuchen wird.
Es ist ein lustiger Abend mit den dreien in der Küche. Wir erzählen noch lange Geschichten und ich vergesse komplett meine Müdigkeit. Zumindest einen Augenblick.
Und dann good night, Redneck!


Freitag, 7. Mai

Ein Tag frei. Nur für mich.
Ich schlafe aus. Die Lodge ist mein. Mein Schatz! Ich mache mir ein prächtiges Frühstück. Ich lese etwas auf dem Balkon. Ich schaue einige Folgen OC- California. Während Seth gerade sein erstes Mal mit Summer hat, schaue ich über den Laptoprand hinweg und sehe mitten in Regenwald. Ich kann nicht anders. Ich muss los. Also überlasse ich Seth und Summer sich selbst, streife meine Stiefel über und schlendere dann den kleinen Pfad hinunter, der von der Lodge in den Regenwald führt.
Es ist eine unglaubliche Stimmung. Das Licht der Sonne bricht sich in den unzähligen kleinen Blättern und landet nur selten ungefiltert auf dem moosigen Waldboden. Der Pfad führt am Ufer eines kleinen Flusses entlang. Klares Wasser glitzert so einladend und freundlich. Durch die Feuchtigkeit des Waldes und die Nähe des Wassers herrscht ein angenehmes Klima. Weder zu kalt, noch zu heiß. Überall schreien Vögel. Aus Angst, durch die patschend-saugenden Geräusche die meditative Stimmung zu stören, wage ich es kaum mit meinen Gummistiefeln durch den Matsch zu stapfen und zögere vor jedem Schritt.
So komme ich nur langsam voran. Doch ein Ziel habe ich keines und so laufe ich einfach immer weiter.
Ich weiss nicht wie lange ich weiter in diesem kleinen grünen Paradies umherschlendere und mich an den kleinsten Dingen erfreue. Irgendwann aber kehre ich zurück zur Lodge. Von meinem Magen getrieben. Ich mache mir eine Kleinigkeit zu essen und setze mich dann auf eine der Terassen in die Sonne. Ich mache ein Paar Notitzen für die Evaluation des DED.
Ich bleibe aber deutlich abgelenkt von den Kolibirs, die vor meiner Nase umherschwirren.
Am späteren Nachmittag laufe ich mit meinem Handy bewaffnet ins Dorf um Empfang zu finden. Zum Glück treffe ich auf Rodolfo. Er bringt mich hinauf zur Schule, von wo aus man Empfang haben sollte. Da fragt er mich gleich, ob ich denn Lust hätte den Schülern Computacion beizubringen. Ich willige ein, das an einem Tag zu übernehmen.
Dann rufe ich Flor an. Sie freut sich mich zu hören und fragt wie es mir gehe. Am Montagnachmittag komme sie vorbei mit Patrice um mich zu besuchen. Ich freue mich und lege auf.
Ein schöner Tag im Regenwald.

Samstag, 8. Mai

Ich hatte Rodolfo versprochen ihm bei der Arbeit mit seinen chinisischen Kartoffeln zu helfen. Um Punkt acht Uhr stehe ich vor seinem Haus. Wir trinken erst noch einen Kaffee und reden über deutsche Autos und deutsche Jahreszeiten.
Er zeigt mir seinen Affen - Martin. Es ist süßes aber unglaublich freches kleines Äffchen. Es kratzt, klaut, fletscht die Zähne und ist unglaublich süß. Wir nehmen ihn mit auf Feld zur Unterhaltung.
Dann wird gearbeitet. Gott sei dank hat es in der Nacht geregnet, dadurch ist der Boden beim Pflügen schön weich und es ist nicht so heiß. Mein hellgrünes T-Shirt ist trotzdem innerhalb
kürzester Zeit dunkelgrün. Ich schwitze. Mal wieder.
In einer kleinen Pause lutschen wir Zuckerrohr und ärgern den Affen. Es macht Spaß. Dann ist es schon Mittag und ich bin mal wieder unglaublich kapputt. Ich gehe mich duschen und esse dann zusammen mit Rodolfo und seiner Familie zu Mittag. Es ist verdammt lecker und es fühlt sich so verdient an.
Zurück in der Lodge repariere ich meine FlipFlops, wasche meine Wäsche, schaue einen Film, putze die Küche und mache mir Abendessen. Ein ruhiges Leben.
Jetzt habe ich etwas Zeit um zu schreiben. Um mich herum zirpen die Grillen, Ich schlage mich regelmäßig auf Grund von kleinen Insekten oder reibe meinen Sonnenbrand.
Morgen muss ich um halb 5 aufstehen, um nach Puyo zum Einkaufen zu fahren...
Gute Nacht, Paradies...



Hier brechen die Aufzeichnungen ab. Die Anstrengungen der Tage waren zu groß um am Abend noch einen Stift in der Hand halten zu können.
Ein Resüme möchte ich trotzdem ziehen.
Ich bin stolz und glücklich diese Erfahrungen gemacht zu haben. Ich habe unheimlich viel gelernt. Habe Freude erlebt und Anstrengung in seiner reinsten Form.
Ich habe die Natur so nah wie noch nie gefühlt. Habe unerwartet Freunde gemacht. Meinen Körper noch nie so gefühlt. Fitzcarraldos Opernhaus ist ein Gewächshaus.
Und das ganze mitten im Regenwald. Und jetzt für immer in meinem Herzen.

Eine Kamera hatte ich leider nicht. Aber diese Fotos habe ich zusammengetragen:
Praktikum im Regenwald

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